Schnitt / pattern Nr. 4

English version below

Text by Jannik Prüser, for further information contact @cartagiacos, j.prueser@web.de

Patterns made by Hochschule Hannover, Fakultät III - Medien, Information und Design

Photos by Historisches Museum Hannover, JanWillem.Huntebrinker@hannover-stadt.de

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Schnitt für ein Hemd (WM II 24)

Der Schnitt wurde von einem der zwei erhaltenen Hemden des Herzog Moritz abgenommen. Hemden waren zentrale Bestandteile der Herrenmode des 16. Jahrhunderts, zudem bildeten sie zwischen der Oberbekleidung und der Haut des Trägers eine schützende Schicht. Seiden, Samte und andere kostbare Stoffe von Wämsern und Hosen wurden so vor Verschmutzung geschützt. Als einzige Kleidungsstücke konnten sie, da aus unempfindlichem Leinen gefertigt, regelmäßig gewechselt und gewaschen werden. Herzog Moritz besass zum Zeitpunkt seines Todes laut Inventar drei Hemden.

Gelegentlich in Quellen auftauchende “Hemden” aus Wolle oder Seide waren vermutlich eher Futterhemden, die zum Wärmen oder als Zierde über einem Leinenhemd getragen wurden. Anders als moderne Oberhemden saßen die des 16. Jahrhunderts sehr locker und lagen höchstens am Hals und den Handgelenken eng an.

Vermutlich reichte das Hemd dem Herzog fast bis zu den Knöcheln. Dadurch konnte er es bequem zwischen die Beine stopfen, wo es gleichzeitig als Unterhose fungierte - dies wurde zusätzlich durch die langen Schlitze in den Seitennähten erleichtert. Separate Unterhosen waren im 16. Jahrhundert nicht der Standard und finden sich daher auch nicht im Nachlass von Moritz. Wie üblich zu dieser Zeit wurde auch Moritz Hemd hauptsächlich aus mehreren rechteckigen Stücken Leinenstoff zusammengesetzt - einzig die Ärmel waren “in Form geschnitten”. Das Hemd hat einen enganliegenden Stehkragen, der vorne mit zwei gewebten Bändern geschlossen werden konnte. Ein weiteres Band hinten am Kragen diente dazu, die Halskrause des Herzogs zu befestigen. Unter den Achseln wurden rechteckige Zwickel eingesetzt, die zusätzliche Bewegungsfreiheit ermöglichten. Dreieckige Zwickel an der Schulter erfüllten den gleichen Zweck. Die Hemdsärmel ähneln in ihrer Form denen der herzoglichen Wämser; sie sind weit geschnitten, und laufen nur an den Handgelenken eng zu.

Unterhalb des Brustschlitzes wurden die Buchstaben H M (Herzog Moritz) mit rotem Seidengarn aufgestickt, darüber eine fünfzackige Krone. Weitere Verzierungen finden sich an den Handgelenken der Ärmel, die mit Nadel- und Klöppelspitze verziert sind. Die regelmäßige Benutzung seiner Hemden lässt sich bei Moritz gut nachweisen; an einigen Stellen haben sich gar Blutflecken des Herzogs erhalten.

Anmerkung

Jahrhunderte unsachgemäßer Lagerung haben die Form des Hemdes ggf. verändert, der vorliegende Schnitt repräsentiert die aktuelle und weicht vermutlich von den Schnittmustern ab, die Moritz Schneider vor über 400 Jahren benutzte.

Dies ist ein offenes Forschungsprojekt. Du weißt etwas, dass wir nicht wissen? Dann teile es uns bitte mit!


Pattern for a linen shirt (WM II 24)

Text by Jannik Prüser, for further information contact @cartagiacos, j.prueser@web.de

This pattern is based on a linen shirt worn by Duke Moritz. Shirts were among the few garments that would be washed and changed frequently in the 16th century, thus protecting the expensive clothing on top from sweat and dirt. As a sturdy fabric was needed for this purpose, bleached or natural linen was used. While silk and woolen shirts are mentioned in some sources, it is more likely that these were supposed to be waistcoats or extra shirts worn for warmth or fashion.

Moritz´ shirt almost reaches the ankles. This way, it could easily be stuffed between the legs and used as underbreeches. While linen underbreeches existed in the 16th century, most men just used their shirts for this purpose - as did Duke Moritz. Like most shirts from this time, Moritz´ shirt mainly consisted of rectangular pieces of linen; just the sleeves were cut into a shape similar to the sleeves of Moritz´ doublets. The shirt has a short collar that is closed with linen ribbons in the front. Another linen ribbon at the back of the collar was used to attach the decorative ruff. Below the armpit, a rectangular gusset sewn into the sleeve and body enhances mobility - as does a triangular gusset set into the shoulder seam.

Below the slit at center front, red silk yarn was used to embroider the letters H M (Herzog Moritz/ Duke Moritz) into the linen. At the wrists, bobbin and needle lace were used as decorations.

Note

It should be noted that centuries of improper storage changed the shape of the garment - this pattern shows the current shape of the shirt and might be different from the pattern used by the tailor over 400 years ago.

 

This is an open research project. You know something we don't? Then please let us know!

Maya Brockhaus